Wasser für die Solawi Heckengäu in Perouse

Es war eine spannende Gemeinderatssitzung am 27.6.23. Laut Verwaltungsvorschlag wollte den Antrag der Solawi für eine Wasserleitung abgelehnt werden. Die Drucksachen enthielten nur negative Stellungnahmen. Die Befangenheitskriterien wurden sehr eng ausgelegt. Im Vorfeld wurde viel negative Stimmung gegen die Solawi erzeugt. Kurz: es wurde alles getan, damit die Abstimmung im Sinne der Stadtverwaltung ausgeht. Trotzdem: nach kontroversen Redebeiträgen wurde der Verwaltungsvorschlag 10:5 abgelehnt. Eine herbe Niederlage für die Verwaltungsspitze. Nur aus CDU und BWV kamen zustimmende Töne. Was nicht weiter verwundert, da die Bürgermeisterin nach anfänglicher Parteilosigkeit zur CDU gewechselt ist.

Die Sitzung war außerordentlich gut besucht. Teilweise gab es Applaus. Insbesondere nach der, für die Solawi positiven, Abstimmung. (Das hat einen der CDU Stadträte so geärgert, dass er die Zuschauer öffentlich gerügt hat. Klingt nach schlechten Verlierern)

Lesen Sie hier die Stellungnahme der GABL:

Fritz Schlicher: „Was heute als einfache Anfrage der Solidarischen Landwirtschaft, kurz Solawi Perouse auf Anschluss ans Wassernetz daherkommt hat weitreichende Bedeutung. Und es weist auf ein altes neues Thema hin, dass uns zukünftig wieder stark beschäftigen wird. Die Trinkwasserversorgung, noch vor 20 Jahren als völlig unproblematisch dargestellt, ist in Gefahr. Die Gründe wurden vielfach erläutert.

Rutesheim hat keine eigenen Brunnen und ist zu 100% abhängig vom Bodensee und von Renningen. Die Bodenseewasserversorgung kommt an ihre Grenzen. Das Strukturgutachten der Renninger Wasserversorgung spricht von Handlungsbedarf. Dieser Handlungsbedarf ist größer für die aktuelle Wasserhärte von 7.3 und wäre geringer für eine höheren Härtegrad, wie zum Beispiel 15. Aber so oder so: es wird absehbar eng mit dem Trinkwasser. So erklärt sich, dass die Verwaltung ihre Ablehnung damit begründet, dass kein Präzedenzfall geschaffen werden soll. Dieser Präzedenzfall wäre die Bewässerung für den Freiland-Gemüseanbau durch die Solawi in Perouse. Die Drohkulisse wäre die, dass dann alle Landwirte auf diese Bewässerung pochen würden. Das möchten die Wasserversorger nachvollziehbar verhindern.

Wir halten das Szenario für eine übertriebene Darstellung der Verhältnisse. Die Solawi möchte ohne größere Gewinnabsichten lokal erzeugte Lebensmittel produzieren. Das ist in jeder Hinsicht ein begrüßenswerter Beitrag zum Klimaschutz. Sie weisen mit einem nachvollziehbaren Konzept nach, dass ein effizienter Umgang mit der Ressource Trinkwasser geplant ist. Das Konzept ist so durchdacht, dass sich manche Betriebe davon eine Scheibe abschneiden könnten. Es geht dabei um eine jährliche Wassermenge von 2500Kubikmetern. Das entspricht dem Verbrauch von 50-60 Personen. Also eher eine geringe Menge. Wir könnten trotzdem die Gefahr der Wasserverschwendung dadurch eindämmen, dass wir genau festlegen, welche Art der Nutzung Bewässerung mit Trinkwasser erlaubt und welche Maßnahmen von den Nutznießern flankierend zu treffen sind. Das schränkt den Kreis schon mal sehr ein. Ebenso muss man anerkennen, dass hier eine neue nachhaltige Form der Landwirtschaft im Entstehen ist, während die meisten traditionellen Betriebe eher mit den Nachwuchssorgen zu kämpfen haben. Es ist also nicht mit einer Explosion der Wasserentnahme zu rechnen. Im Gegenteil stellt sich die Frage, in wie weit wir nicht im Sinne des Allgemeinwohles solche neuen Formen von lokalem Obst- und Gemüseanbau fördern müssen. Denn bei Lichte betrachtet bedeutet die völlige Abhängigkeit von anderswo hergestellten Lebensmitteln nichts als eine Verlagerung von Risiken in Gebiete, in denen es mit der Trinkwasserversorgung oft auch nicht sehr gut bestellt ist. Die frühen Erdbeeren und Tomaten aus Spanien sind nur eines von vielen Beispielen.

Wenn wir also durch die präzise eingeschränkte Erlaubnis zur Wasserentnahme für Landwirte mit Freiland-Obst und Gemüseanbau unserer lokalen Landwirtschaft eine neue Chance bieten können und damit noch einen Beitrag zum globalen Trinkwasser, bzw Klimaschutz leisten können, dann sollten wir das tun.

Noch eine Anmerkuung zum Thema Präzedenzfall: ganz so neu ist die Nutzung von Trinkwasser für landwirtschaftliche Zwecke in Perouse nicht. Einige Landwirte nutzen schon lange die „CVJM“ Leitung oder fahren mit dem Tankwagen auf Feld, was nicht nur Trinkwasser-, sondern auch noch Dieselverbrauch bedeutet. So ist auch die Alternative, Wasser von den Renninger Brunnen, die nicht trinkwasser-fähig sind, nach Perouse zu kutschieren, keine gute Idee. Im Gutachten der Renninger Wasserversorgung wird übrigens in diesem Zusammenhang die Chemikaliengruppe CKW erwähnt. Eigentlich ein No-Go, solches möglicherweise verunreinigtes Wasser für Pflanzen zu nutzen, die direkt zum Verzehr gelangen.

Kurz und gut: wir plädieren für die Erlaubnis zur Nutzung unter den oben beschriebenen Nutzungs-Einschränkungen und unter Einhaltung eines genau beschriebenen Wassermanagements. Beides müsste natürlich noch im Detail mit den betroffenen Landwirten besprochen werden.“

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