Stellungnahme zum Haushalt25

Am 27. 1. wurde der Haushalt 2025 einstimmig verabschiedet. Wie in jedem Jahr haben alle Fraktionen dazu ihre Stellungnahmen vorgetragen. Es war gut, dass besonders von der UBR zum Thema Klima und Umwelt klare Bekenntnisse ausgesprochen wurden. Bei den Parteien war etwas Wahlkampf zu spüren, aber das kann zum jetztigen Zeitpunkt nicht verwundern. Es blieb immer fair und sachlich. So soll es sein. Die GRÜNEN haben sich fokussiert auf die umfangreichen Investitionen, die insgesamt ein wahres Zukunftspaket mit sozialer und ökologischer Ausrichtung darstellen. Die anderen Fraktionen haben sich an Einzelpositionen abgearbeitet und nach meiner Meinung das Große und Ganze nicht voll erkannt oder nicht rübergebracht. Macht nix, wir finden gut was in Rutesheim in Bewegung kommt und wollen alles dafür tun, den Schwung auch bei Gegenwind zu erhalten.

Lest hier die ganze Stellungnahme und gebt uns gerne Feedback, was ihr davon haltet.

Claudia Berner + Fritz Schlicher , Fraktionsvorsitzender

Stellungnahme HH2025 – aus Zuversicht Wirklichkeit machen

Ein paar Worte zur Großwetterlage. Wir verraten kein Geheimnis, wenn wir sagen, dass die Städte und Gemeinden in BW seit 2018 kaum noch Überschüsse erwirtschaften. Berücksichtigt man noch die Zukunftsvorsorge, die Abschreibungen, dann schaffen viele Orte keine ausgeglichenen Haushalte mehr. Die Situation ist angespannt, die kommunalen Aufgaben nehmen aber trotzdem zu. Der Bund hat selbst große Haushalts-Probleme und wird sich mehr und mehr aus Mitfinanzierungen verabschieden.

Die Städte und Gemeinden brauchen langfristig stabile politische Rahmenbedingungen. Lauscht man jedoch den Putins, Trumps und all den anderen Populisten, so steht plötzlich alles zur Disposition. Einwanderung, Sozialstaat, Energieversorgung – alles zurück auf Null. Was nicht ins Weltbild passt, wird geleugnet. Die Probleme der Welt bleiben zwar die gleichen, aber die Verantwortung wird einfach auf Schwächere abgeschoben.

Wir als Kommune können mit solchen Luftschlössern nicht wirtschaften. Wir müssen einen soliden Plan für die Zukunft unserer Stadt und der Menschen haben.

Wir denken, das ist uns gelungen. Der Haushalt 25 ist eine zukunftsweisende und mutmachende Antwort auf große Fragen unserer Zeit.

Die finanziellen Eck-Daten sind schnell umschrieben. Dieser und die folgenden Haushalte werden gewaltige Investitionen freisetzen. (Man darf es gerne Konjunkturprogramm nennen.) 2025 wird es darum einen kräftigen finanziellen Unterschwinger geben, der nach zwei Jahren wieder ausgeglichen sein soll. Das Beste dabei: das alles kann ohne Verschuldung, mit eigenen Mitteln aus der Rücklage geschafft werden. Soweit, so gut.

Viel spannender als die Zahlen sind die Inhalte. Es geht um nichts weniger als ein Zukunftspaket für Rutesheim. Darauf wollen wir uns im Folgenden konzentrieren.

Dieses Rutesheimer Zukunftspaket besteht gleich aus mehreren Einzelbausteinen, die zum Teil untrennbar miteinander verknüpft sind. Aufeinander abgestimmte Planungen sorgen für Synergien und für Effizienz. Das Paket ist damit weit mehr als nur die Summe seiner Einzelteile.

Ein großer Baustein ist dabei das Wohnen, namentlich im neuen Bosch Quartier. Hier entsteht ein urbanes Quartier, als Blaupause für das Wohnen der Zukunft, wie es das in Rutesheim bisher so nicht gegeben hat. Trotz der Größe sollen keine gesichtslosen Wohnblocks entstehen, sondern ein lebenswertes Umfeld. Nachbarschaftliches Wohnen mit möglichst kleinem ökologischen Fußabdruck und das zu bezahlbaren Preisen. Im Rutesheimer Anteil streben wir 50% geförderten Wohnraum an. Wir freuen uns sehr, dass die Idee eines Mehrgenerationenhauses in diesem Quartier bei allen Fraktionen Zuspruch gefunden hat. Eine gute Alternative für eine Welt, in der Menschen immer mehr vereinsamen.

Wir versprechen uns auch einen indirekten Impuls für den Wohnungsmarkt. Wenn es gelingt, mit einem attraktiven Wohn-Angebot ältere Menschen anzusprechen, dann werden an anderer Stelle ganze Häuser frei, die z.B. heute noch von ein oder zwei Personen bewohnt werden, weil die eigenen Kinder längst ausgezogen sind.

Für zusätzliche Verbesserungen in diesem Quartier haben wir bei der Klausur drei Vorschläge eingebracht:

1. ein Quartiersentwicklungs-Konzept zusammen mit dem bekannten Büro Weeber und Partner anzugehen. Wir möchten gleich von Beginn an die Weichen für ein gedeihliches Zusammenleben richtig stellen.

2. Planungsverfahren BIM (Building information modelling). Das bedeutet effizientere Planung und ist der Schlüssel zur Wiederverwertung von Baustoffen. Absolut notwendig, denn die Bauwirtschaft ist für 50% der weltweiten CO2 Emissionen verantwortlich

3. Intensive Fassadenbegrünung, als Schutzmaßnahme gegen die steigenden Temperaturen in den Städten.

Zur  Ökologie: Das Besondere an diesem Baugebiet ist die gemeinsame Versorgung mit 100% regenerativer Wärme-Energie – ein Novum in Rutesheim.  Und wir denken, es ist eine gute Antwort auf die Frage der Energieversorgung der Zukunft. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Rutesheim hat eine fertige Wärmeplanung und als Folge wurden die Stadtwerke Rutesheim gegründet. Ein lang gehegter Wunsch unserer Fraktion wurde damit wahr. Fossile Energien sind ein Auslaufmodell. Nahwärme ist eine bewährte und praktische Alternative.

Es ist uns bewusst, dass wir mit einem vergleichsweise hohen Wärmepreis starten. Es wird einen langen Atem brauchen, um über die Anfangsschwierigkeiten hinaus zu kommen. Die Menschen sind verunsichert und die Klimaleugner im In- und Ausland tun ihr Möglichstes, dass diese Verunsicherung weiter geschürt wird. Ihre „uneigennützigen“ Angebote sind wahlweise amerikanisches Fracking Gas oder russisches Erdgas. Wir wissen mittlerweile um den hohen Preis, den die Welt dafür zahlen muss. Das gibt uns die nötige Gewissheit, dass wir auf einem steinigen, aber richtigen Weg sind.

Zurück zum Zukunftspaket: ein Schlüsselbauteil ist die erste Heizzentrale. Am 26.Februar ist der Spatenstich. Sie liefert Wärme aus Holz und mittels einer Wärmepumpe. Den Strom für die Wärmepumpe erzeugt am besten ein Windrad in der Nähe. Regenerativ und günstig. Darum müssen wir in naher Zukunft über Art und Höhe einer Beteiligung am geplanten Windpark diskutieren. Es greift alles ineinander. Darum drängen wir in Rutesheim auf eine möglichst schnelle Fertigstellung dieses Windparks

Der andere, ebenso wichtige Baustein im Zukunftspaket ist das Wärmenetz. In der Robert-Bosch-Straße kann man anschaulich verfolgen, wie die Verlegung der Rohre mit Kanalsanierung und mit Straßenneugestaltung zweckmäßig gekoppelt wird.

Das nächste Teilstück des Wärmenetzes soll bald folgen: über die Moltkestraße zur Stadtmitte. Dort rechnen wir mit mehreren öffentlichen Abnehmern und zahlreichen privaten Kunden mit Ölfeuerungen, die durch die Nahwärme gut ersetzt werden können.

Im Zuge der Ortskernsanierung 4 wird die Gebersheimer Straße neu gestaltet werden. Wir sehen darin die Chance in einem Zug auch potentielle Kunden in den nördlichen Wohnquartieren bis hin zu Betrieben im neuen Gewerbegebiet Gebersheimer Weg anzuschließen.

Ein kleiner Einschub zu diesem Gewerbegebiet: Es ist kein grünes Wunschdenken, wenn wir sagen, dass Nachhaltigkeit für die Unternehmen zukünftig ein Standortfaktor sein wird. Nachhaltigkeit hat Einzug gehalten in die Industrienorm ISO 9001. Ein Nahwärme-Angebot der Stadt Rutesheim würde demnach auf offene Ohren treffen.

Dazu wird im Norden eine weitere Heizzentrale benötigt. Unabhängig von der Standortfrage denken wir, dass wir die Biogas-Anlage der Firma Bioenergie Schertlenswald irgendwie mit einbeziehen müssen. Alles andere erschiene uns wie eine verpasste Chance.

An dieser Stelle noch ein wichtiger Nebensatz: die Stadtwerke brauchen trotz absehbarem anfänglichem Defizit mehr Personal. Sowohl bei Technik und Betriebsführung, aber auch ganz dringend bei Marketing und Kundenberatung. Wir brauchen Kunden. Und die Kunden brauchen Planungssicherheit. Darüber müssen wir zeitnah sprechen.

Das Quartierskonzept hat ergeben, dass wir mit dieser Wärme auch unser Schulzentrum versorgen können. Im Gegenzug können die Photovoltaikanlagen auf den Hallendächern und der Kläranlage mit in die Energieerzeugung einbezogen werden. Was logisch und einfach klingt, wird durch den Netzbetreiber erschwert. Wenn es nach ihnen geht, sollen wir unsere PV Energie am einen Ende für wenig Geld einspeisen und am anderen Ende, nur wenige 100 Meter entfernt, für den dreifachen Preis wieder einkaufen. Wir müssen also auch noch ein eigenes Stromnetz aufbauen. Wir beißen in den 1 Mio Euro sauren Apfel, in der Gewissheit, dass wir auf der richtigen Spur sind.

Ein positiver Nebeneffekt dabei: das eröffnet die Möglichkeit für einen Inselbetrieb des Schulzentrums. Bei einer Katastrophe, wie 2005 im Münsterland, könnten wir Betroffene mit Wärme, Strom und mit warmem Essen versorgen. Die Kosten dafür werden erheblich sein und wir können erst mit genauen Zahlen darüber entscheiden. Grundsätzlich befürworten wir aber die Möglichkeit.

Sinnvolle Voraussetzung für den Anschluss an ein Nahwärmenetz ist eine Gebäudesanierung, um hinsichtlich Wärmedämmung auf dem neuesten Stand zu sein. Das Schulzentrum wurde in den vergangenen Jahren bereits systematisch optimiert. Bleibt das Jugendzentrum, das noch aus den 90er Jahren stammt. Es wird heuer energetisch saniert und an die Nahwärme angeschlossen.

Wir sind immer noch bei den Einzelkomponenten des Zukunftspakets und werfen einen Blick in die nahe Zukunft. Unsere Kläranlage soll in den kommenden Jahren ertüchtigt werden. Die Details sind komplex. (Liegender Propfenstromreaktor, ein innovativer Ansatz der Ingenieurberatung für Siedlungswasser­wirtschaft) Kurz gesagt, wir verbessern die Abwasserqualität auf ein Niveau, wie es ohnehin irgendwann EU-Standard sein wird. Ganz nebenbei erzeugen wir Gas für ein Blockheizkraftwerk. Damit kann die Kläranlage als größter kommunaler Energieverbraucher bis zu 2/3 autark werden. Ein großer Schritt in Richtung Klimaneutralität. Und: sowohl die Abwärme des Abwassers und die des Blockheizkraftwerks wird in das Wärmenetz eingespeist werden. Sie sehen wiederrum die planvolle Verzahnung.

Noch eine weitere Komponente bildet die Erweiterung des Horts in der Hindenburgstraße. Ab 2026 wird es ein Recht auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule geben. Mit dem Umbau des Gebäudes Hindenburgstraße 1+3 schaffen wir die räumlichen Vorraussetzungen. Angedacht war, in Keller dieses Gebäudes ein Blockheizkraftwerk für die Versorgung von Hort und Schule einzubauen und die überschüssige Wärme ins Wärmenetz einspeisen. In den neuesten Planungen ist das nicht mehr zu sehen. Dafür erwarten wir noch eine Erklärung. Am liebsten die, dass eine bessere Lösung gefunden wurde.

An dieser Stelle wollen wir den Kreis wieder schließen. Zurück zum Wohnen. Hinter dem Bosch-Quartier–Horizont geht es natürlich weiter. Da sind zunächst die Krautgärten in Perouse. Die Zielsetzungen aus dem Bosch Quartier hinsichtlich bezahlbarer Wohnungen mit guter Wohnqualität und gemeinsamer Energieversorgung möchten wir dorthin 1:1 übernehmen.

Weitere Wohnquartiere sollen mittelfristig im Heuweg Nord und Spissen 2 entstehen. Spissen 2 hat für uns dabei Vorrang. Es liegt dicht bei der Wärmezentrale und nahe der Ortsmitte. In direkter Nachbarschaft zu Kinderbetreuung und Schulzentrum. Wir sehen das als geeignete räumliche und soziale Ergänzung zum benachbarten Bosch Quartier. Das Konzept der Stiftung Hoffnungshäuser soll dort verwirklicht werden. Die Idee ist, dass Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammen wohnen – mit viel Raum für menschliche Begegnung. Dieses Modell ist praxistauglich und wurde schon 33-mal realisiert. Es erfüllt sehr gut das Bestreben nach einer gelingenden Integration. Das Thema ist nach den jüngsten Ereignissen extrem aufgeheizt. Das ändert aber nichts an den Tatsachen. Gute und schnelle Integration sind Aufgabe der Kommunen und sie sind der wichtigste Schlüssel zur konstruktiven Lösung dieser schwierigen menschlichen Frage.

Wir kommen zum Schluss. Wie die Vorredner richten wir einen herzlichen Dank an alle, die das Gemeinwesen mit Steuern und Abgaben am Laufen erhalten. Es sind am Ende immer die Menschen um die es geht. Dabei ist Geld das eine. Aber das persönliche Engagement von Menschen für Menschen ist eine gerne unterschätzte Antriebskraft. Es gibt unglaublich viele Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und wir wissen, wie wichtig sie für das Gemeinwesen sind. Als Fraktion stehen wir auch in angespannten Zeiten hinter den sogenannten Freiwilligkeitsleistungen. Sie sind ein kleiner Hebel, der Großes in Bewegung setzt.

Da geht sogar noch mehr: Es gibt Menschen, die nach sinnstiftenden Aufgaben suchen und Aufgaben, die auf eben diese Menschen warten. Wir wollen als Stadt mit digitalen und personellen Möglichkeiten dazu beitragen, dass niemand übersehen wird.

Letzter Punkt: Die Stadt tut viel dafür, das Bewusstsein für den Klimawandel zu steigern. Klimabeirat, Klimamesse und ähnliche Veranstaltungen vermitteln die Zuversicht, dass wir gemeinsam etwas erreichen können. Dank solcher Zuversicht sind wir als Stadt in der Lage, ein Zukunftspaket, wie das vorher beschriebene, zu schmieden.

Auf einem Buch, das Ministerpräsident Kretschmann kürzlich herausgegeben hat, steht ein Motto, das klingt wie eigens für uns ausgedacht und lautet:

„aus Zuversicht Wirklichkeit machen“  

Das ist, was dieser Haushalt und die beiden Wirtschaftspläne leisten wollen.  Wir stimmen als GRÜNE im Rutesheimer Gemeinderat dem Planwerk voll und ganz zu.

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